



Ein Toteiskessel ist eine trockene, sumpfige oder mit Wasser gefüllte Senke, die durch Abschmelzen von Toteis entstanden ist.
Was ist Toteis?

Eisblöcke, die sich beim Abschmelzen eines Gletschers von der Gletscherzunge lösen und liegen bleiben, nennt man Toteis.
Wie entstehen Toteiskessel?
Die Toteisblöcke werden von Schmelzwasserströmen mit Schotter und Sand zugedeckt oder liegen im Moränenschutt begraben. Unter der isolierenden Schotterdecke schmelzen die Eisblöcke nur langsam, wohl über Jahrhunderte, ab. Der Schotter sackt nach, ein Toteiskessel entsteht.


Bei hohem Grundwasserspiegel oder wasserstauendem, lehmigem Untergrund bilden sich in den Kesseln Gewässer, die im Laufe der Zeit zu Mooren verlanden. Feuchte Toteiskessel führen während der Schneeschmelze das meiste Wasser; im Sommer können sie völlig austrocknen. In durchlässigem Bodenmaterial versickert das Regenwasser und die Senken bleiben trocken.
Wie sehen Toteiskessel aus?
Toteiskessel, in denen sich eine wasserstauende Schicht ausbilden konnte oder deren z.T. steile Böschungen bis unter den Grundwasserspiegel reichen, sind wassergefüllt, versumpft oder vermoort. Durch die Trichterform konnte sich Regen- und Schmelzwasser sammeln. In diesen Kleingewässern kam es zu unterschiedlichen Verlandungs- und Moorentwicklungen; auch innerhalb des gleichen Kessels. Die Spannweite der Vegetationsausbildungen ist sehr groß. Sie reicht von kleinen Röhrichtbeständen über Großseggenriede, Kleinseggenriede, Schwingrasen, Schwimmblatt- und Gewässervegetation, Übergangsmoor bis hin zum Schwarzerlenbruch.





Toteiskessel sind jedoch nicht immer feucht oder wassergefüllt, auch trockene Mulden in Wiesen und Wäldern können Toteiskessel sein. In Wiesen und Ackerland haben sie sich kaum mehr erhalten. Finden kann man trockene Toteiskessel heute noch in Wäldern, wie z. B. im Großhaager Forst, bzw. an dem Toteiskesselwanderweg.


Sind alle Mulden und Weiher im Haager Land Toteiskessel?
Ob es sich nun bei allen wassergefüllten, verlandeten oder vermoorten Kesseln und Mulden der Haager Moränenlandschaft ausschließlich um Toteiskessel handelt, ist nicht eindeutig geklärt. Zum einen können sich Senken zwischen vom Gletscher aufgeworfenen kleineren Wällen gebildet haben. Zum anderen gibt es im Gebiet auch Lehmgruben, die aufgrund ihrer eckigen Form von den Toteislöchern unterscheidbar sein sollten.
Ob die Lehmgruben immer an ihrer künstlichen Form zu erkennen sind, ist fraglich. So befinden sich z. B. bei Oberhart kreisrunde wassergefüllte Weiher, die nach Aussage des Grundstückseigners ausgehoben wurden: Das Erdreich hätte man zur Verbesserung der teilweise sehr steinigen Äcker verwendet. Auch Löschteiche sind bei den Höfen gegraben worden, und gelegentlich wurde Erdreich abgetragen, um steinige Äcker zu verbessern.



Es ist auch anzunehmen, daß viele Toteiskessel im Haager Bereich, die in Hofnähe liegen, häufig als Feuerlöschweiher dienen. Um Ihr Fassungsvermögen zu erhöhen und zu erhalten wurden und werden sie teilweise ausgetieft und immer wieder entschlammt. Toteiskessel in Wiesen und Weideflächen sind häufig auch als Viehtränken genutzt worden. Daneben wurden sie auch, wie z. B. Kessel Nr. 5 zu Fischweihern umfunktioniert.
Grundsätzlich unterscheiden sich echte Toteiskessel von künstlich geschaffenen Gewässern dadurch, daß
- Sedimente wie z. B. Mudde, Faulschlamm oder Torf, deren mehrtausendjährige Entwicklung zu belegen ist, in den Kesseln vorliegen.
- ihre Verlandungsstadien – gerade bei den kleineren Toteiskesseln – schon weit fortgeschritten sind und offene Wasserflächen nur noch in größeren Kesseln vertreten sein dürften (wenn sie nicht von Menschenhand ausgeräumt wurden).
- die Zonierung ihres Verlandungsbereichs stärker ausgeprägt und ihr Artenbestand größer ist.
- ihre Umrisse eher unregelmäßig als geradlinig sind.
- die Hangböschung aufgrund der seit Jahrtausenden wirkenden reliefausgleichenden Prozesse sanfter verläuft.
Vielfältige Tier- und Pflanzenwelt
Setzt man sich ruhig an einen Toteiskessel oder einen Teich der nicht als Fischgewässer genutzt wird, lassen sich oft innerhalb kürzester Zeit viele aufregende Naturbeobachtungen machen. Über die Gewässeroberfläche huschen die zu den Wanzen gehörenden Wasserläufer und stürzen auf ertrinkende Insekten. Dabei geraten sie oft mit ihren Verwandten den Rückenschwimmern aneinander, die es unter der Wasseroberfläche auf die gleiche Beute abgesehen haben.

Libellen schlüpfen, jagen oder verteidigen ihre Reviere, Erdkrötenkaulquappen ziehen in Schwärmen durchs Wasser, gelegentlich taucht ein Molch auf um Luft zu holen und mit etwas Glück kann man auch eine Ringelnatter beobachten die das Ufer nach Fröschen absucht.

Reichhaltig ist auch die Pflanzenwelt. Bei großen Gewässern können wir eine Röhrichtzone im Uferbereich, eine vorgelagerte Schwimmblattzone und eine sich zur Gewässermitte hin anschließende Zone mit Unterwasserpflanzen unterscheiden.

In der Röhrichtzone dominieren Schilf, Rohrkolben oder Binsen, in der Schwimmblattzone gedeihen See- oder Teichrosen und das schwimmende Leichkraut.

Allerdings wachsen wilde Seerosen nur in einigen Toteiskesseln. Bei fast allen Seerosenvorkommen im Landkreis handelt es sich um eingesetzte Gartenformen. Bei uns häufige Unterwasserpflanzen sind die aus Nordamerika eingeführte Wasserpest, verschiedene Laichkrautarten, Horn- und Tausendblatt, sowie Armleuchteralgen, die oft richtige Unterwasserrasen bilden.
Besonders in vielen Toteiskesseln kommt noch der „fleischfressende“ Wasserschlauch hinzu. Er bildet kleine Fangbläschen aus, deren Härchen auf Berührungen reagieren: Werden sie von einem Wasserfloh oder einem anderen kleinen Wassertier angestoßen, öffnet sich das leere Bläschen und saugt durch den erzeugten Unterdruck Wasser und die Beute ein. So schafft sich der Wasserschlauch eine zusätzliche Nahrungsquelle in nährstoffarmen Gewässern.

Die meisten Stillgewässer im Landkreis sind zu klein und zu sehr durch menschliche Eingriffe beeinflußt, um die oben beschriebene Pflanzenzonierung auszubilden. Viele sind so flach, daß Schilf oder Rohrkolben das ganze Gewässer besiedeln können. Insbesondere Toteiskessel sind oft von einem Seggenried (einem Bestand aus „Sauergräsern“) oder von einer gelegentlich gemähten Streuwiese anstelle eines Röhrichtgürtels umgeben. Typisch sind auch „Seggenbulte“ im Uferbereich, die an ein riesiges Grasbüschel erinnern das auf einem „Stamm“ aus verflochtener Wurzelmasse als Insel aus dem Wasser ragt.
Einige Gewässer werden immer wieder geräumt um die Verlandung aufzuhalten. Werden sie erneut besiedelt so wechseln sich die verschiedensten Pflanzen in ihrem Auftreten und ihrer Häufigkeit ab, bis sich wieder aus den konkurrenzkräftigsten Arten eine längerfristig stabile Gemeinschaft herausgebildet hat.

Eher artenarm sind schattige Waldgewässer wie wir sie in den Altmoränen nördlich Aschau, in den Jungmoränen des Großhaager Forstes oder an den Toteiskesselweg finden. Nur wenige Pflanzenarten wie Wasserstern und gedeihen bei einem Restlicht. Falllaub bildet eine dicke Schicht am Boden, der Sauerstoff im Wasser wird bei der Verrottung der Blättermasse häufig aufgebraucht. Nur wenige Tierarten tolerieren solche Bedingungen. Dazu gehören der Bergmolch und die Larven der Blaugrünen Mosaikjungfer, einer Großlibelle.

